Unentgeltliche Übertragung der Wirtschaftsgüter eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch

Am 28.10.2025 hat das BMF ein wichtiges Schreiben zur unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch veröffentlicht.

Es setzt das Urteil des BFH vom 29.01.2025 (X R 35/19) um und klärt, in welchen Fällen eine steuerneutrale Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG möglich ist und in welchen nicht.

Hintergrund

Bei der Unternehmensnachfolge wird häufig ein Vorbehaltsnießbrauch vereinbart. Der Übergeber überträgt Betrieb oder Wirtschaftsgüter unentgeltlich auf den Nachfolger, behält sich jedoch das Recht vor, weiterhin die Nutzungen – etwa Gewinne oder Mieteinnahmen – zu ziehen. Diese Gestaltung ermöglicht es dem Übergeber, sich schrittweise aus dem Unternehmen zurückzuziehen, ohne sofort auf alle wirtschaftlichen Vorteile zu verzichten. Bisher war umstritten, ob eine solche Übertragung steuerneutral, also zum Buchwert, erfolgen kann. 

Zentrale Aussagen des BMF-Schreibens

Das Schreiben folgt der Rechtsprechung des BFH und stellt ausdrücklich klar, dass keine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG zulässig ist, wenn der Nießbraucher die gewerbliche Tätigkeit fortführt, unabhängig davon, ob dies aktiv oder in Form einer Betriebsverpachtung geschieht. In diesen Fällen liegt keine unentgeltliche Übertragung im Sinne der Vorschrift vor. 

Die übertragenen Wirtschaftsgüter sind dem Erwerber daher nicht als Betriebsvermögen, sondern als Privatvermögen zuzurechnen. Steuerlich bedeutet dies, dass beim Übergeber zwar keine sofortige Gewinnrealisierung ausgelöst wird, beim Erwerber jedoch keine Fortführung der stillen Reserven erfolgt. Erfolgt später eine Einlage in das Betriebsvermögen, geschieht diese mit dem Teilwert. 

Eine Ausnahme gilt lediglich für land- und forstwirtschaftliche Betriebe: Hier bleibt die Buchwertübertragung unter Vorbehaltsnießbrauch weiterhin möglich, selbst wenn der Nießbraucher die Tätigkeit fortsetzt.

Diese Grundsätze gelten für alle Übertragungen ab dem 17.04.2025, dem Datum der Veröffentlichung des BFH-Urteils. Für davor erfolgte Übertragungen kann auf Antrag eine Buchwertfortführung aus Vertrauensschutzgründen zugelassen werden, sofern die Veranlagung noch nicht bestandskräftig ist.

Begründung des BMF

Inhaltlich folgt das BMF der Argumentation des BFH. Der Vorbehaltsnießbrauch führt dazu, dass der Übergeber wirtschaftlich betrachtet weiterhin Unternehmer bleibt. Er nutzt und steuert den Betrieb, zieht die Erträge und trägt das unternehmerische Risiko. Eine tatsächliche Übertragung des Betriebs im steuerlichen Sinne liegt somit nicht vor. Erst mit dem Wegfall des Nießbrauchs, beispielsweise durch Tod oder Verzicht, geht der Betrieb endgültig auf den Erwerber über. Danach ist eine steuerneutrale Übertragung zum Buchwert gemäß § 6 Abs. 3 EStG möglich.

Praktische Konsequenzen

Das BMF-Schreiben hat weitreichende Auswirkungen auf die steuerliche Gestaltung von Unternehmensnachfolgen. Für alle künftigen Übertragungen unter Vorbehaltsnießbrauch gilt: Eine steuerneutrale Buchwertübertragung ist nur dann möglich, wenn der Übergeber seine gewerbliche Tätigkeit vollständig einstellt. Führt er sie auch nur verpachtend fort, sind die übertragenen Wirtschaftsgüter beim Erwerber dem Privatvermögen zuzuordnen. Damit entfällt die Möglichkeit, stille Reserven fortzuführen. In der Praxis ist es daher entscheidend, dass Nachfolge- und Übertragungsverträge eindeutig regeln, wann die Betriebsführung tatsächlich übergeht und ob der Übergeber die Tätigkeit vollständig beendet.

Hinweis: Übertragungen, die vor dem 17.04.2025 stattgefunden haben, sollten überprüft werden. Sofern die Möglichkeit besteht, sich auf Vertrauensschutz zu berufen, kann im Einzelfall weiterhin eine Buchwertfortführung anerkannt werden. Dies setzt voraus, dass die Veranlagung noch nicht bestandskräftig ist und die Übertragung auf Grundlage der bisherigen Verwaltungsauffassung erfolgt ist. Gerne beraten wir Sie! 

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