Steuerermäßigung nach § 35 EStG bei abweichendem Wirtschaftsjahr und Gesellschafterwechsel
Dabei bestätigt der BFH seine bisherige Rechtsprechung und stellt klar, dass die Steuerermäßigung auf diejenigen Mitunternehmer abzustellen ist, die am Ende des Wirtschaftsjahres an der Mitunternehmerschaft beteiligt waren.
Darum ging es
Der zugrunde liegende Sachverhalt betraf eine KG, die ihren Gewinn für Wirtschaftsjahre vom 01.07. bis zum 30.06. ermittelte und somit ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr hatte. An der Gesellschaft waren die V-GmbH als Komplementärin mit 3,85 % und H als Kommanditist mit 96,15 % beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt wird, sofern es sich bei diesen um den Ehegatten oder einen Abkömmling handelt. Im August 2018, also nach Ende des Wirtschaftsjahrs, aber noch vor Ende des Kalenderjahrs 2018, verstarb der Kommanditist H. Seine Witwe I und seine Tochter S erbten je zur Hälfte und wurden im Januar 2019 als neue Kommanditistinnen im Handelsregister eingetragen.
Das Finanzamt erließ am 10.10.2019 den Gewinnfeststellungsbescheid nach § 15a EStG. Als Feststellungsbeteiligte wurden neben der V GmbH auch der „Gesamtrechtsnachfolger/in nach“ H aufgeführt. In den Erläuterungen des Bescheids wurde darauf hingewiesen, dass H verstorben und von I und S beerbt worden sei. Mit gleichem Datum erging der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2018 für die Klägerin (Feststellung nach § 35 Abs. 2 EStG). Das Finanzamt teilte darin die Gewerbesteuermessbeträge und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer für das Streitjahr 2018 auf die neuen Gesellschafter I und S auf, da diese am Ende des Erhebungszeitraums zum 31.12.2018 als Beteiligte anzusehen waren. Die Klägerin begehrte hingegen die Zurechnung zu H, da dieser am Ende des Wirtschaftsjahrs zum 30.06.2018 noch beteiligt war.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg. Das Finanzgericht änderte den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung insoweit, als I und S nicht selbst als Feststellungsbeteiligte aufzunehmen seien, sondern ihnen als Miterben nach H ein Anteil am Gewerbesteuermessbetrag sowie eine anteilig tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer zuzuweisen seien.
Entscheidung des BFH
Der BFH folgt der ersten Instanz. Zu Recht habe das Finanzgericht entschieden, dass bei der Bestimmung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf die Mitunternehmer abzustellen ist, die am Ende des Wirtschaftsjahres an der Mitunternehmerschaft beteiligt waren. Dies gilt auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr. Der erst nach dem betreffenden Zeitpunkt durch Tod ausgeschiedene Kommanditist H sei neben der Komplementärin V GmbH Adressat der geänderten Feststellung. I und S seien lediglich als dessen Sonderrechtsnachfolger Adressaten der geänderten Feststellung.
Grundsätzlich sollen nur Gesellschafter, deren Einkünfte wirtschaftlich mit Gewerbesteuer belastet sind, die Ermäßigung nach § 35 EStG erhalten. Es entspreche dem typisierenden und damit auch von Vereinfachungsgesichtspunkten getragenen gesetzgeberischen Konzept des § 35 EStG, den Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag entsprechend der tatsächlichen Zugehörigkeit des einzelnen Mitunternehmers zu ermitteln. Gemäß § 35 Abs. 2 S. 2 EStG richtet sich die Ermittlung des Anteils am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels.
Eine Typisierung sollte sich jedoch am typischen Fall als Leitbild orientieren. Der Stichtag für die Anwendung des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels sei dahingehend zu definieren, dass sowohl bei kalenderjahrgleichem als auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr eine teilweise Identität und damit ein teilweiser Gleichlauf zwischen denjenigen Mitunternehmern bestehe, die den erwirtschafteten Gewinn versteuern müssen, und denjenigen Mitunternehmern, die angesichts der Gewerbesteuerbelastung der Gesellschaft eine Steuerermäßigung erhielten.
Werde hingegen für die Bestimmung des Anteils eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag stets auf den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel am Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahrs abgestellt, so erhielten – als Folge der stichtagsbezogenen Typisierung – auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr vor dessen Ablauf ausgeschiedene Mitunternehmer keinen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zugeordnet.
Hinweis: Die praktischen Konsequenzen dieser Entscheidung sind erheblich. Bei kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahren ändert sich nichts, da hier das Ende des Wirtschaftsjahrs mit dem Ende des Erhebungszeitraums zusammenfällt. Bei abweichenden Wirtschaftsjahren ist der Gewinnverteilungsschlüssel jedoch am Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahrs maßgebend. Gesellschafter, die nach Ende des Wirtschaftsjahrs, aber vor Ende des Kalenderjahrs ausscheiden, sind daher noch zu berücksichtigen. Ihre Rechtsnachfolger erhalten die Steuerermäßigung dagegen nur als Gesamtrechtsnachfolger.
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