Organschaft zwischen EU-Gesellschaften auch ohne deutsche Registereintragung wirksam

Das Hessische Finanzgericht erkennt mit Urteil vom 21.03.2024 (4 K 86/21) eine steuerliche Organschaft zwischen EU-Gesellschaften an, obwohl der Gewinnabführungsvertrag nicht im deutschen Handelsregister eingetragen war. Entscheidend war die unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschriften des § 14 KStG.

Die körperschaftsteuerliche Organschaft (§§ 14 ff. KStG) ermöglicht die steuerliche Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zwischen verbundenen Unternehmen. Voraussetzung hierfür ist unter anderem ein wirksam abgeschlossener und tatsächlich durchgeführter Gewinnabführungsvertrag. Bei grenzüberschreitenden Konstellationen mit Gesellschaften aus anderen EU-Mitgliedstaaten stellt sich häufig die Frage, ob die deutschen Formvorschriften, insbesondere die Eintragung des Vertrags in das deutsche Handelsregister, zwingend einzuhalten sind. Das Spannungsfeld zwischen nationalem Gesellschaftsrecht und der unionsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit führt dabei regelmäßig zu Abgrenzungsfragen.

Darum ging es

Im Streitfall waren eine niederländische B.V. als Organträgerin und eine österreichische GmbH als Organgesellschaft beteiligt. Da beide Gesellschaften ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hatten, unterlagen sie der unbeschränkten Steuerpflicht. Zwischen ihnen wurde ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen und in das österreichische Firmenbuch eingetragen. Eine Eintragung in das deutsche Handelsregister erfolgte hingegen nicht. 

Das Finanzamt versagte die steuerliche Anerkennung der Organschaft mit der Begründung, der Vertrag erfülle mangels deutscher Eintragung nicht die formellen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG. Hiergegen wandten sich die Gesellschaften mit einer Klage vor dem Hessischen Finanzgericht.

Entscheidung des Finanzgerichts

Das Hessische Finanzgericht gab den Klägerinnen Recht. Es stellte fest, dass die materiellen Voraussetzungen einer Organschaft erfüllt seien und die fehlende Eintragung im deutschen Handelsregister die steuerliche Anerkennung nicht ausschließe. Maßgeblich sei, so das Gericht, dass beide Gesellschaften ihren Verwaltungssitz in Deutschland hätten und der Gewinnabführungsvertrag zivilrechtlich wirksam vereinbart und durchgeführt worden sei.

Da der Gewinnabführungsvertrag deutschem Recht unterlag, war er nach Auffassung des Finanzgerichts auch ohne deutsche Registereintragung wirksam, da die Eintragung im Firmenbuch des Gründungsstaates die notwendige Publizität sicherstellte. Das Gericht erkannte somit die Organschaft steuerlich an.

Zur Begründung verwies das Finanzgericht auf die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV), die eine Benachteiligung von Gesellschaften mit Sitz in anderen EU-Mitgliedstaaten verbietet. Eine restriktive Auslegung der deutschen Eintragungspflicht würde zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung führen. Das Gericht sah daher eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 14 KStG als geboten an.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falls ließ das Finanzgericht die Revision zum BFH zu. Das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen I R 14/24 anhängig.

Hinweis: Das Urteil verdeutlicht, dass bei grenzüberschreitenden EU-Konstellationen der materiellen Wirksamkeit eines Gewinnabführungsvertrags Vorrang vor formalen Eintragungserfordernissen zukommen kann. Für zugezogene EU-Gesellschaften stärkt die Entscheidung die unionsrechtskonforme Anwendung der deutschen Organschaftsregeln. Gerne beraten wir Sie! 

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