Entfallen der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG infolge eines Insolvenzplans

Der BFH hat am 27.08.2025 (II R 50/21) eine wegweisende Entscheidung zur Grunderwerbsteuer getroffen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG rückwirkend entfällt, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse innerhalb von fünf Jahren nach der Grundstückseinbringung aufgrund eines Insolvenzplans ändern. 

Wenn ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand übergeht, wird die Steuer gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG nur für den Anteil erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Diese Vorschrift ist jedoch nicht anzuwenden, wenn sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert (§ 5 Abs. 3 GrEStG). Für die Frage, wann sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand vermindert, ist auf den Zeitpunkt der dinglichen Übertragung des Anteils abzustellen. Ein gegebenenfalls vorangegangener Erwerb eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Einräumung einer Gesellschafterstellung ist nicht maßgebend.

Darum ging es im Streitfall

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der die B-GmbH als Komplementärin ohne Kapitaleinlage und Herr D als alleiniger Kommanditist beteiligt waren. Im Jahr 2012 übertrug Herr D ein Grundstück auf eine GmbH & Co. KG. Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer zunächst mit null Euro fest, da die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG erfüllt waren.

Im Oktober 2014 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Zwei Jahre später bestätigte das Gericht einen Insolvenzplan, nach dem 94,9 % der Kommanditanteile des D auf eine neu gegründete GmbH übergingen. Die Gläubiger erhielten eine Quote von 15 %.

Daraufhin setzte das Finanzamt im Jahr 2018 Grunderwerbsteuer in Höhe von 32.510 Euro fest, berücksichtigte jedoch die Insolvenzquote, sodass ein Zahlbetrag von 4.876,50 Euro verblieb. Die Gesellschaft legte Einspruch ein und argumentierte, die Forderung sei durch den Insolvenzplan abgegolten und zudem verjährt. Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab.

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision zurück und bestätigte die Steuerfestsetzung. Nach Auffassung des Gerichts entfällt die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG rückwirkend, wenn sich die Beteiligung des einbringenden Gesellschafters innerhalb von fünf Jahren wesentlich verringert. Da die Beteiligung von D von 100 % auf 5,1 % sank, war die Befreiung nicht mehr gerechtfertigt.

Die Steuerforderung ist insolvenzrechtlich als Insolvenzforderung einzuordnen, da der maßgebliche steuerliche Tatbestand vor Insolvenzeröffnung begründet wurde. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dürfen Steuerbescheide, die Insolvenzforderungen betreffen, nicht mehr erlassen werden. Dies ergibt sich aus dem in § 251 Abs. 2 S. 1 AO normierten Grundsatz, wonach Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die Insolvenzforderungen sind, nach Insolvenzeröffnung nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geltend gemacht werden dürfen.

Für die insolvenzrechtliche „Begründung“ von Steuerforderungen sei entscheidend, wann der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde. Dies ist der Fall, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand vollständig verwirklicht wird. Demnach kann eine erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Steuerforderung eine vor Insolvenzeröffnung „begründete“ Insolvenzforderung sein.

Wurde ein Grundstück vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in eine Gesamthandsgemeinschaft eingebracht und wurde der steuerbare Erwerbsvorgang nach § 5 Abs. 2 GrEStG ganz oder teilweise von der Steuer befreit, wirken sich die Änderung der Beteiligung des Einbringenden an der Gesamthand aufgrund der Erfüllung eines Insolvenzplans und der dadurch bewirkte Wegfall der Begünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG materiell auf den vor der Insolvenzeröffnung begründeten Erwerbsvorgang aus.

Die Grunderwerbsteuerforderung entstehe in diesem Fall zwar erst mit dem Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Sie stelle jedoch eine (nachträglich) begründete Insolvenzforderung dar, da der Tatbestand, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft, vor Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde.

Eine Verjährung läge auch nicht vor, da das Finanzamt innerhalb der gesetzlichen Fristen tätig wurde. Auch der Insolvenzplan entbindet nicht von der Steuerpflicht.

Hinweis: Unternehmen sollten bei der Einbringung von Grundstücken in Gesamthandsgemeinschaften die fünfjährige Bindungsfrist des § 5 Abs. 2 GrEStG genau beachten. Änderungen der Beteiligungsverhältnisse – sei es durch Verkauf, Umstrukturierung oder Insolvenzpläne – können zum rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung führen. Gerne beraten wir Sie! 

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