Bundesverfassungsgericht: Unternehmen müssen trotz Verlusten zahlen

Die gesetzliche Mindestgewinnbesteuerung bei Körperschaft- und Gewerbesteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Unternehmen dürfen Verluste nicht unbegrenzt verrechnen. Ein Kernprinzip, das laut Bundesverfassungsgericht fiskalisch gerechtfertigt ist und dem Gleichheitssatz standhält.

Seit 2004 dürfen Kapitalgesellschaften Verluste unbegrenzt in spätere Jahre vortragen, allerdings nur bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. € vollständig. Darüber hinaus können nur 60 % der verbleibenden Einkünfte mit Verlustvorträgen verrechnet werden. Das führt dazu, dass trotz hoher Altverluste ein Teil des Gewinns versteuert werden muss (sog. Mindestgewinnbesteuerung).

Im vorliegenden Verfahren ging es um eine besondere Konstellation: Durch einen bilanzsteuerrechtlichen „Umkehreffekt“ stiegen die Verlustvorträge zwar an, konnten aber wegen einer Insolvenz nicht mehr vollständig genutzt werden. Der Bundesfinanzhof sah darin einen möglichen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts wies diese Bedenken mit Beschluss vom 23.07.2025 (2 BvL 19/14) zurück. Er stellte fest, dass die zeitliche Streckung des Verlustvortrags einem sachlichen Zweck dient, nämlich der Verstetigung staatlicher Einnahmen. Diese gesetzgeberische Entscheidung sei nicht willkürlich. Die Kombination aus Sockelbetrag und 60 %-Begrenzung sei angemessen, da sie sowohl praktikabel als auch einfach handhabbar sei und sich vor allem an große Unternehmen richte.

Auch in besonderen Härtefällen wie dem „Umkehreffekt“ sieht das Gericht keine Verpflichtung des Gesetzgebers, Ausnahmen vorzusehen. Der Wegfall von Verlustvorträgen resultiere nicht unmittelbar aus der Mindestgewinnbesteuerung selbst, sondern aus anderen Umständen wie einer Liquidation oder Insolvenz.

Stabilität vor Steuerfreiheit

Die Richter betonten, dass die Mindestgewinnbesteuerung vor allem dazu diene, das Steueraufkommen zu sichern. Sie soll verhindern, dass Unternehmen trotz aktueller Gewinne über Jahre hinweg keine Körperschaft- oder Gewerbesteuer zahlen. Der Gesetzgeber dürfe hierbei typisierende Regelungen treffen, auch wenn diese in Einzelfällen zu Härten führen können. Ein Eingriff in die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG liege nicht vor.

Fazit: Unternehmen müssen damit rechnen, dass Verlustvorträge zeitlich gestreckt werden. Selbst in Ausnahmesituationen wie einer Insolvenz bleibt die Mindestgewinnbesteuerung wirksam.

Hinweis: Unternehmen sollten Verlustvorträge aktiv in die Steuer- und Liquiditätsplanung einbeziehen. Da die Mindestgewinnbesteuerung eine zeitliche Streckung vorsieht, kann es bei längerer Verlustphase zu einem endgültigen Verlustverfall kommen. Wer frühzeitig Gewinne und Verlustverrechnung strategisch abstimmt, vermeidet Überraschungen und kann mögliche Billigkeitsmaßnahmen nutzen. Gerne beraten wir Sie hierzu!

Ansprechpartner

Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Unterstützung?

Wenden Sie sich gerne an Ihren lokalen Ansprechpartner oder nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Unsere Kolleginnen und Kollegen helfen Ihnen bei allen auftretenden Fragen weiter.