Aktualisierung des OECD-Musterabkommens

Die OECD hat eine Aktualisierung des Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung bei Einkommen und Vermögen veröffentlicht. Die Neuerungen betreffen überwiegend den Kommentar zum OECD-Musterabkommen, der eine detaillierte Auslegung der einzelnen Artikel ermöglicht und für die Interpretation bestehender, wie neuer DBA entscheidend ist.

Das OECD-Musterabkommen dient als maßgeblicher Referenzrahmen für zahlreiche bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Es bietet Staaten ein einheitliches Regelwerk, um Doppelbesteuerung zu vermeiden und Besteuerungsrechte bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zuzuweisen. Mit der Aktualisierung von 2025 zielt die OECD darauf ab, das Abkommen an veränderte wirtschaftliche Realitäten anzupassen – insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitendes Arbeiten (Homeoffice/Remote Work) und die Besteuerung von Einkünften aus der Gewinnung natürlicher Ressourcen. 

Kernelement – Betriebsstättenbegriff bei Remote Work (Art. 5)

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Änderung der Kommentierung zu Artikel 5 (Betriebsstätte/„Permanent Establishment“, PE), mit der erstmals umfassend geregelt wird, unter welchen Umständen grenzüberschreitendes Arbeiten – etwa aus dem Homeoffice oder von einem sonstigen privaten Ort aus – zu einer festen Geschäftseinrichtung eines Unternehmens führen kann. 

Entscheidend ist eine zweistufige Prüfung: Zunächst muss festgestellt werden, ob der Ort – etwa die Wohnung oder eine sonstige private Räumlichkeit – geeignet ist, als „fixed place of business“ zu gelten. Anschließend ist eine Gesamtschau aller Umstände erforderlich, insbesondere bezüglich der Dauer der Nutzung und der Art der dort ausgeübten Tätigkeiten. 

Als pragmatischer Indikator wurde eine zeitliche Schwelle festgelegt: Wird ein Ort über einen Zeitraum von zwölf Monaten hinweg für weniger als 50 Prozent der gesamten Arbeitszeit genutzt, soll im Regelfall keine Betriebsstätte begründet werden. Wird diese Schwelle überschritten, ist eine vertiefte Einzelfallprüfung erforderlich. 

Die Neuregelung kann insbesondere für Unternehmen mit grenzüberschreitend beschäftigten Arbeitnehmern relevant sein, da sie mehr Rechtssicherheit im Hinblick auf das Risiko schafft, dass aus Remote Work eine steuerpflichtige Betriebsstätte im Ausland entsteht.

Neue Bestimmung zur Besteuerung natürlicher Ressourcen

Darüber hinaus sieht das Update eine neue, optionale Regelung im Zusammenhang mit Einkünften aus der Exploration und Ausbeutung natürlicher Ressourcen vor. Damit wird Staaten, insbesondere ressourcenreichen beziehungsweise rohstofffördernden Ländern, die Möglichkeit eröffnet, solche Einkünfte dort zu besteuern, wo die Ressource liegt. Dies stärkt das Besteuerungsrecht des Quellenstaates und soll steuerpolitisch gerechtere und wirtschaftlich effizientere Lösungen ermöglichen.

Weitere Anpassungen und Klarstellungen

Neben den genannten Schwerpunkten enthält das Update mehrere weitere Änderungen und Präzisierungen im Kommentar des OECD-Musterabkommens:

  • Es gab Überarbeitungen bei Artikeln, die mit verbundenen Unternehmen (Art. 9), Verrechnungspreisen und Finanztransaktionen in Zusammenhang stehen – unter anderem mit Blick auf nationale Vorschriften zur Zinsabzugsbeschränkung und zur Kapitalstruktur.
  • Weiterhin gab es Anpassungen im Bereich des Verständigungsverfahrens (Mutual Agreement Procedure, Art. 25), insbesondere mit Bezug auf Regelungen im Rahmen des Dienstleistungshandelsabkommens General Agreement on Trade in Services (GATS). Damit wird die Rolle der zuständigen Behörden bei der Beurteilung, ob steuerliche Streitigkeiten unter ein DBA fallen, klargestellt.
  • Es gibt außerdem Modifikationen beim Austausch von Informationen (Art. 26) sowie weitere Klarstellungen zur Anwendung des Abkommens bei internationalen Finanz- und Geschäftstransaktionen.

Zudem berücksichtigt das Update überarbeitete Beobachtungen und Vorbehalte sowohl von OECD-Mitgliedstaaten als auch von Nichtmitgliedern.

Ausblick und Bedeutung für Vertragsstaaten

Die aktualisierte Version des Kommentarwerks soll in der für 2026 angekündigten, überarbeiteten kompakten und vollständigen Auflage des OECD-Musterabkommens erscheinen. 

Ob und in welchem Umfang die neuen Kommentierungen auf bestehende bilaterale DBA anzuwenden sind – also ob eine „dynamische” oder „statische” Anpassung erfolgt – hängt von den jeweiligen Vertragsstaaten ab. Für neue Abkommen kann die Anwendung der neuen Regeln jedoch unmittelbar relevant sein.

Hinweis: Das Update bietet mehr Klarheit für Unternehmen mit internationaler Tätigkeit, für Arbeitnehmer im grenzüberschreitenden Remote Work und für Staaten mit Rohstoffinteressen. Insbesondere erleichtert die Neuregelung zur Begründung von Betriebsstätten durch Homeoffice die steuerrechtliche Einschätzung grenzüberschreitender Arbeitsmodelle. Zugleich verpflichtet die neue Ressourcenklausel Staaten, Einkünfte aus Rohstoffgewinnung transparenter zu gestalten und dort zu besteuern, wo die Wertschöpfung stattfindet. Gerne beraten wir Sie!

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