BFH: Keine Ersatzerbschaftsteuer für nicht rechtsfähige ausländische Familienstiftung
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegen Familienstiftungen der sogenannten Ersatzerbschaftsteuer, die alle 30 Jahre erhoben wird, um die steuerfreie Vermögensübertragung über Generationen zu verhindern. Diese Regelung setzt jedoch eine rechtsfähige Stiftung voraus.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG kann zwar eine ausländische Stiftung persönlich steuerpflichtig sein, wenn sie Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat – das begründet aber keine automatische sachliche Steuerpflicht für die Ersatzerbschaftsteuer. Maßgeblich ist, ob nach deutschem Recht Rechtsfähigkeit besteht.
Der Fall im Überblick
Im Streitfall war die Klägerin eine Familienstiftung nach schweizerischem Recht. Sie wurde in der Schweiz gegründet, hatte dort ihren formellen Sitz, ihre tatsächliche Geschäftsleitung befand sich jedoch in Deutschland. Alle Mitglieder des Stiftungsrats lebten in Deutschland und führten die Geschäfte ebenfalls dort.
Nach dem Tod der Stifterin wuchs der Stiftung Grundvermögen in der ehemaligen DDR zu. Das zuständige Finanzamt sah darin einen Fall der Ersatzerbschaftsteuer und erließ einen entsprechenden Steuerbescheid. Das Finanzgericht bestätigte diesen Bescheid, woraufhin die Stiftung Revision beim Bundesfinanzhof einlegte.
Rechtliche Würdigung des BFH
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und gab der Stiftung Recht. Er stellte klar, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eine rechtsfähige Stiftung voraussetze. Ob eine Stiftung als Familienstiftung anzusehen ist, richtet sich nach dem vom Stifter verfolgten Zweck, wie er in der Satzung objektiv erkennbar zum Ausdruck gebracht wurde. Eine nicht rechtsfähige Stiftung falle, auch wenn sie im Ausland errichtet wurde, nicht unter diese Vorschrift.
Mangels gesetzlicher Regelungen zum Stiftungskollisionsrecht sei bei nach ausländischem Recht errichteten Stiftungen zur Beurteilung der Rechtsfähigkeit auf die Grundsätze des internationalen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen. Danach komme es bei der Frage der Rechtsfähigkeit von Auslandsgesellschaften grundsätzlich auf das Recht des jeweiligen Staates an, sofern die Gesellschaft ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Ausland hat. Für Gesellschaften, die ihren statutarischen Sitz im Ausland haben, ihren tatsächlichen Verwaltungssitz jedoch von vornherein oder zu einem späteren Zeitpunkt nach Deutschland verlegen, sei zur Beurteilung der Rechtsfähigkeit auf deutsches Recht abzustellen (sogenannte Sitztheorie). Nach deutschem Recht sei sie jedoch nicht rechtsfähig gewesen, sodass sie keine Familienstiftung im steuerrechtlichen Sinne sein konnte.
Der BFH betonte zudem, dass die persönliche Steuerpflicht (§ 2 ErbStG) nicht automatisch zur sachlichen Steuerpflicht (§ 1 ErbStG) führe. Die Ersatzerbschaftsteuer diene der Verhinderung steuerfreier Vermögensbindungen über Generationen hinweg. Diese Gefahr bestehe bei einer nicht rechtsfähigen Stiftung nicht, da das Vermögen zivilrechtlich natürlichen Personen zuzurechnen bleibt.
Hinweis: Die Entscheidung bringt Rechtssicherheit für ausländische Stiftungen, die faktisch aus Deutschland verwaltet werden. Entscheidend bleibt, ob die Stiftung nach deutschem Recht rechtsfähig ist. Fehlt diese Rechtsfähigkeit, entfällt nicht nur die Ersatzerbschaftsteuer, sondern möglicherweise auch eine weitergehende Steuerpflicht im ErbStG-Kontext. Allerdings kann die zivilrechtliche Einordnung weiterhin Folgen für Einkommen- und Körperschaftsteuer haben, so dass eine Gesamtbetrachtung daher unerlässlich ist. Gerne beraten wir Sie!
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