BFH entscheidet zum Vorsteuerabzug aus Insolvenzverwalterleistungen

Laut einer Entscheidung des BFH ist bei Unternehmensfortführung der Vorsteuerabzug nach der Gesamttätigkeit des Insolvenzschuldners während der Verwalterzeit möglich. Wird hingegen das Unternehmen eingestellt, ist der Vorsteuerabzug nach der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit des Insolvenzschuldners zu beurteilen.

Sofern ein Unternehmer Leistungen lediglich zum Teil zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, besteht der Vorsteuerabzug nur in diesem Teil. Dabei ist jener Teil der jeweiligen Vorsteuer nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist (§ 15 Abs. 4 UStG). Wie es sich mit dem Vorsteuerabzug aus Insolvenzverwalterleistungen bei Unternehmensfortführung verhält, hat der BFH in seinem Urteil vom 23.10.2024 (XI R 20/22) thematisiert.

Darum ging es

Der Kläger wurde als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren des Schuldners bestellt. Der Insolvenzschuldner war als IT-Administrator selbstständig tätig. Für dessen Unternehmen bestanden Fortführungsaussichten, sodass der Kläger das Unternehmen im Wege der Insolvenzverwaltung weiterführte und Umsatzsteuervoranmeldungen abgab.

Im Zeitraum des Insolvenzverfahrens ergaben sich aus der fortgeführten Tätigkeit Umsätze in Höhe von insgesamt 249.289,95 Euro. Darüber hinaus konnte der Kläger einen Liquidationserlös in Höhe von insgesamt 178,50 Euro erzielen, der aus der Verwertung von Gegenständen des Privatvermögens des Insolvenzschuldners resultierte.

Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 13.02.2018 wurde dem Kläger eine Vergütung in Höhe von 21.513,54 Euro zuzüglich 4.087,56 Euro Umsatzsteuer bewilligt. Am gleichen Tag wurde dem Kläger für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter eine Vergütung in Höhe von 1.150 Euro zuzüglich 218,50 Euro Umsatzsteuer zugesprochen. Der Kläger erteilte unter dem 07.03.2018 entsprechende Rechnungen an die Insolvenzmasse.

Am 28.11.2018 wurde seitens des Klägers als Insolvenzverwalter eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 2018 abgegeben, in welcher ausschließlich Vorsteuerbeträge angemeldet wurden. Die Aufteilung der Vorsteuer erfolgte nach dem Verhältnis der in der Zeit der Insolvenzverwaltung erzielten betrieblich begründeten Einnahmen zu den Gesamteinnahmen, so dass sich eine abziehbare Vorsteuer von 97,37 % ergab.

Das Finanzamt erachtete die Vorsteuer zu 17,06 % als abziehbar. Die Aufteilung der Vorsteuer sei nach dem Verhältnis der zur Insolvenztabelle angemeldeten privaten und unternehmerischen Insolvenzforderungen vorzunehmen. Infolgedessen berücksichtigte es im Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2018 vom 01.02.2019 eine Vorsteuer aus den Insolvenzverwaltervergütungen in Höhe von 17,06 % aus 4.306,07 € = 734,61 €. Die daneben berücksichtigte Vorsteuer in Höhe von 355,26 € ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Den hiergegen eingelegten Einspruch des Klägers wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Das Finanzgericht gab der Klage statt, da der vom Kläger angewandte Vorsteueraufteilungsschlüssel aus Sicht des Finanzgerichts sachgerecht war.

Entscheidung des BFH

Der BFH schloss sich der Auffassung des Finanzgerichts an und hielt die Revision des Finanzamts für unbegründet. Die Vorsteueraufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG könne demnach in Ausnahmefällen nach der Gesamttätigkeit des Unternehmens während der Zeit der Insolvenzverwaltung und nach Maßgabe der Anteile steuerpflichtiger, steuerfreier oder nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten erfolgen. Dies sei allerdings nur dann zulässig, wenn der Insolvenzverwalter den Betrieb des Insolvenzschuldners fortführe und keine wesentlichen Verwertungshandlungen vornehme.

Im Falle der Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit eines Insolvenzschuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe die Aufteilung der Vorsteuer auf Grundlage der früheren Unternehmenstätigkeit zu erfolgen. Werde das Unternehmen hingegen vom Insolvenzverwalter fortgeführt, sei es nicht zu beanstanden, die Vorsteueraufteilung der Insolvenzverwaltervergütung anhand der gesamten Tätigkeit des Insolvenzschuldners während der Verwaltungszeit des Insolvenzverwalters vorzunehmen.

Die Fortführung der bisherigen Unternehmenstätigkeit setze aber mehr als nur eine Abwicklungstätigkeit voraus. Im vorliegenden Fall konnte von einer Unternehmensfortführung ausgegangen werden. Für die Aufteilung der Vorsteuer seien dabei nicht nur die steuerpflichtigen und steuerfreien, sondern auch die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten während der Verwalterzeit von Relevanz.

Ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger bestehe ausnahmsweise dann nicht, wenn der Insolvenzverwalter das schuldnerische Unternehmen fortführe und dabei das Vermögen des Insolvenzschuldners nicht verwerte.

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