Fehleinschätzung des Finanzamts: Zinsen müssen bei Behördenirrtum nicht gezahlt werden

Ein Unternehmen musste aufgrund eines Behördenirrtums hohe Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer leisten. Das Finanzgericht Niedersachsen widersprach dem Finanzamt und stellte klar, dass in solchen Fällen Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen erlassen werden müssen.

Im Streitfall hatte die Klägerin Lieferungen aus einem anderen Mitgliedsstaat ursprünglich zutreffend als innergemeinschaftliche Erwerbe mit Vorsteuerabzug behandelt. Der Betriebsprüfer vertrat demgegenüber die Auffassung, der Ort der Lieferung sei im Inland. Nachdem der Beklagte auch dem Lieferer gegenüber vertrat, seine Lieferungen seien im Inland steuerbar und steuerpflichtig, erteilte der Lieferer der Klägerin nachträglich Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis, woraufhin die Klägerin (dem Standpunkt der Betriebsprüfer folgend) die ausgewiesene Steuer für das Jahr der Rechnungsberichtigungen als Vorsteuer geltend machte und den daraus entstehenden Erstattungsbetrag sodann an den Lieferer zahlte.

Finanzamt unterliegt vor Gericht

Nachdem das Finanzgericht und BFH der Klage des Lieferers gegen die Behandlung der Lieferungen als im Inland steuerpflichtig stattgegeben hatten, rückte das Finanzamt auch gegenüber der Klägerin von seiner unzutreffenden Rechtsauffassung wieder ab. Der Lieferer korrigierte seine Rechnungen erneut, sodass die Berücksichtigung der Vorsteuer für das Jahr der ersten Rechnungsberichtigung rückgängig zu machen war. Hierdurch entstanden Nachzahlungszinsen in beträchtlicher Höhe, die das Finanzamt forderte.

Zinsen erlassen wegen Behördenirrtum

Das Niedersächsische Finanzgericht entschied nun mit Urteil vom 07.08.2025 (5 K 160/24), dass diese Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 227 AO zu erlassen seien. Der Irrtum über das Vorliegen einer vom Lieferer zu versteuernden Inlandslieferung anstelle eines von der Klägerin zu versteuernden innergemeinschaftlichen Erwerbs sei insoweit mit den sog. § 13b-Fällen (gemeinsamer Irrtum über die Steuerschuldnerschaft) vergleichbar, in denen die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Erlass von Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer bei der Beurteilung des Liquiditätsvorteils ausnahmsweise die Verwendung einer unberechtigten Steuererstattung durch den Steuerpflichtigen berücksichtige.

Hinweis: Wenn das Finanzamt aufgrund einer fehlerhaften Rechtsauslegung Umsatzsteuer nachfordert und daraus Zinsen entstehen, kann ein Erlass dieser Zinsen möglich sein. Voraussetzung ist, dass der Irrtum vom Finanzamt mitverursacht wurde und Sie keinen tatsächlichen finanziellen Vorteil aus der Situation gezogen haben. In solchen Fällen lohnt sich eine genaue Prüfung und ggf. ein Antrag auf Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 227 AO. Sprechen Sie uns gerne an, um Ihre Chancen auf einen Erlass realistisch einschätzen zu lassen.

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