BFH stoppt Steuergestaltung mit Indexanleihen
In drei Urteilen vom 03.06.2025 (VIII R 9/22, VIII R 18/23 und VIII R 35/23) hat der BFH zu den Voraussetzungen von § 20 Abs. 4a S. 3 EStG entschieden. Den Verfahren lagen jeweils strukturierte Wertpapiergeschäfte zugrunde. Das Gestaltungsziel dieser Geschäfte war es, im Hinblick auf zu erwartende sehr hohe tariflich zu besteuernde Gewinne in zukünftigen Veranlagungszeiträumen einerseits voll ausgleichsfähige Verluste und andererseits hohe Erträge zu generieren, die dem gesonderten Tarif für Kapitaleinkünfte unterliegen. Damit sollten die erwarteten sehr hohen tariflich zu besteuernden Gewinne mit den Verlusten ausgeglichen werden, sodass sie letztlich nicht mit dem Spitzensteuersatz von 45 %, sondern im Wesentlichen nur mit dem gesonderten Tarif von 25 % belastet werden.
So funktionierte das Gestaltungsmodell
Die Steuerpflichtigen erwarben Teilschuldverschreibungen einer Indexanleihe. Bei Fälligkeit der Anleihe hatte der Emittent pro Teilschuldverschreibung ein weniger teures Wertpapier (hier: TecDax-Zertifikat) zu liefern und im Übrigen Geld zu zahlen. Der Erfolg der Gestaltung hing von der Anwendbarkeit des § 20 Abs. 4a EStG auf diesen Teilschritt ab: Der erhaltene Geldbetrag wäre als Ertrag mit dem gesonderten Tarif zu besteuern gewesen (§ 20 Abs. 4a S. 2 EStG).
Die Einlösung der Teilschuldverschreibung gegen Lieferung des Wertpapiers hätte nicht zu einem Gewinn geführt, da nach § 20 Abs. 4a S. 3 EStG die Anschaffungskosten für die Teilschuldverschreibung als Veräußerungspreis anzusetzen gewesen wären, sodass der Gewinn rechnerisch 0 Euro betragen hätte. Für das erhaltene Wertpapier wären Anschaffungskosten ebenfalls in Höhe der Anschaffungskosten für die Teilschuldverschreibung anzusetzen gewesen. Das hätte bei nachfolgender Veräußerung des Wertpapiers zum Verkehrswert zu einem hohen Verlust geführt, der nach dem (im Streitjahr noch anwendbaren) § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b S. 1 EStG bei Veräußerung an eine Kapitalgesellschaft, an welcher der Veräußerer zu mindestens 10% beteiligt war, nicht dem gesonderten Tarif unterlegen hätte.
In diesem zweiten Schritt wären tariflich zu besteuernde voll ausgleichsfähige Verluste entstanden. Für die Steuerpflichtigen hätte es hingegen keinen wirtschaftlichen Verlust bedeutet; der größte Teil der Anschaffungskosten für die Teilschuldverschreibungen war an sie bereits in Form der Geldzahlung bei Einlösung der Teilschuldverschreibung zurückgeflossen. Zwar musste dieser Betrag mit 25% besteuert werden; das entsprach aber dem Plan. Die voll ausgleichsfähigen Verluste hätten dann die erwarteten sehr hohen tariflich zu besteuernden Gewinne ausgeglichen.
Neue Grenzen für kreative Gestaltungsspielräume
Der BFH hat nunmehr entschieden, dass § 20 Abs. 4a S. 3 EStG nicht auf Fälle Anwendung findet, in denen weder der Emittent noch der Inhaber der Anleihe gemäß den Anleihebedingungen das Recht haben, anstelle der Rückzahlung der Anleihe in Geld einseitig Wertpapiere anzubieten oder die Lieferung von Wertpapieren zu verlangen. Die Entscheidung stützt sich maßgeblich auf den Wortlaut der Vorschrift. In allen drei Fällen konnte das Gestaltungsziel mithin jeweils nicht erreicht werden.
Hinweis: Anleger sollten bei komplexen Wertpapiergestaltungen genau prüfen, ob die Voraussetzungen gesetzlicher Sonderregelungen wirklich erfüllt sind. Eine Gestaltung, die nur auf steuerliche Vorteile ohne wirtschaftliches Risiko zielt, läuft zunehmend Gefahr, vor Gericht zu scheitern. Wer § 20 Abs. 4a EStG nutzen möchte, muss die rechtlichen Rahmenbedingungen exakt einhalten, insbesondere was einseitige Rechte zur Wertpapierlieferung betrifft. Gerne beraten wir Sie hierzu!
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