IDW Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) verabschiedet erste Stellungnahmen zu Einzelfragen der ESRS
Die vom IDW entwickelte ESRS-Modulverlautbarung soll Abschlussprüfer und Unternehmen bei einer einheitlichen Auslegung und Anwendung der neuen Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) unterstützen. Dabei werden die Verlautbarungen der EFRAG berücksichtigt. Abbildungen zu zentralen Sachverhalten und umfangreiche praxisnahe Beispiele erleichtern das Verständnis.
Über die verabschiedeten und als Entwurf vorliegenden Module hinaus, sind Stellungnahmen zu weiteren Fragen kurzfristig zu erwarten. Die Veröffentlichung der finalisierten Module mit überwiegend sprachlichen Anpassungen aufgrund der überarbeiteten deutschen Fassung der ESRS Set 1 ist für Oktober angekündigt.
Wesentlichkeitsanalyse im Mittelpunkt der ersten Module
Die ersten vier der jetzt verabschiedeten Module befassen sich mit Einzelfragen zur Wesentlichkeitsanalyse und behandeln folgende Themen:
- Verknüpfung der Wesentlichkeitsanalyse mit Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten,
- Einbeziehung der betroffenen Interessenträger,
- Beurteilung der Wesentlichkeit in diversifizierten Konzernen und
- Beurteilung der Wesentlichkeit der Auswirkungen in der Wertschöpfungskette.
Der Stellungnahme zu den jeweiligen Einzelfragen ist jeweils noch kurz der Sachverhalt bzw. die Fallkonstellation vorangestellt.
Hierzu hat die EFRAG in ihrer Implementation Guidance 1 ausführlich erklärt und veranschaulicht, wie die vergleichsweise knappen Regelungen im ESRS 1 zur doppelten Wesentlichkeit verstanden und umgesetzt werden können. Unterstützend steht die Q&A-Plattform bereit, welche praktische Fragen von Anwendern und die dazugehörigen Antworten enthält, beispielsweise „Gibt es eine Mindestanzahl von wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen, die ein Unternehmen identifizieren sollte?“. Der IDW FAB behandelt ergänzend ausgewählte, weitergehende Themen, die für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ebenfalls eine hohe Relevanz haben.
So werden beispielsweise im Modul Einbeziehung der betroffenen Interessenträger folgende fünf Fragestellungen ausführlich behandelt:
- Wer sind betroffene Interessenträger?
- Was ist das Ziel der Einbindung von betroffenen Interessenträgern?
- Wie sind Gruppen von Interessenträgern gegeneinander abzugrenzen?
- Sind die betroffenen Interessenträger in einen direkten Dialog einzubinden?
- In welchem Schritt der doppelten Wesentlichkeitsanalyse sind Interessenträger einzubinden?
Der IDW FAB beantwortet diese Fragen im Einzelnen. Er begründet seine Antworten hauptsächlich mit den entsprechenden Vorgaben in den einzelnen ESRS einschließlich der Anhänge (Application Requirements AR) und den dort enthaltenen Definitionen von Begriffen sowie der Implementation Guidance 1 der EFRAG. Im Ergebnis sollte jeder Anwender der ESRS, der Nachhaltigkeitsberichte erstellt oder prüft, mit Kenntnis dieses Moduls wissen, wie die betroffenen Interessenträger richtig in die Wesentlichkeitsanalyse einbezogen werden.
Berichterstattung und weitere Themen
Dasselbe sollte auch für die Themen gelten, die in den weiteren bis jetzt vorliegenden Modulen behandelt werden. Dabei betreffen drei Module die Berichterstattung und befassen sich mit der Einbeziehung von für den Konzernabschluss unwesentlichen Tochterunternehmen in die konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung, den Berichtsgrenzen und insbesondere den unternehmensspezifischen Angaben. Für letztere wird sehr anschaulich dargestellt, in welchen Fällen ein Nachhaltigkeitsthema durch die Angabepflichten der bestehenden ESRS nicht oder nicht in der erforderlichen Granularität abgedeckt ist und was im Zusammenhang mit unternehmensspezifischen Angaben weiter zu beachten ist.
Schließlich widmet der IDW FAB noch ein Modul dem Konzept der operativen Kontrolle, welches beispielsweise für die Angabepflichten nach E1-5 Energieverbrauch und E1-6 CO2-Emissionen Bedeutung hat. In beiden Fällen gilt, dass für die Abgrenzung, ob quantitative Angaben unter Scope 1, 2 oder 3 fallen, nicht nur auf die eigene Geschäftstätigkeit abzustellen ist. Wenn operative Kontrolle z.B. über ein Unternehmen in der Wertschöpfungskette vorliegt, sind auch dessen Daten, die grundsätzlich unter Scope 3 fallen würden, unter Scope 1 bzw. 2 auszuweisen. Der vorläufig letzte Entwurf für ein Modul behandelt den Begriff des Verdiensts, der für die korrekte Berechnung der Vergütungskennzahlen des S1-16 insbesondere des Gender Pay Gaps von Bedeutung ist.
IDW trägt zur einheitlichen Auslegung und Anwendung der ESRS bei
Als die ESRS Ende 2023 in der heutigen Fassung veröffentlicht wurden, waren die zukünftigen Anwender noch weitgehend auf sich allein gestellt. Auch zeitnah veröffentlichte Kommentare konnten nicht im gewohnten Umfang Abhilfe schaffen und stützten sich notgedrungen im Einzelfall auf Praxisbeispiele, denen andere Rahmenwerke zugrunde gelegen hatten.
Inzwischen hat sich viel getan. Erste Unternehmen haben freiwillig bereits ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung für 2023 nach den ESRS aufgestellt. Umfragen zeigen, welche Themen in der Praxis im Fokus stehen und wie Unternehmen damit umgehen. Die EFRAG als Standardsetter verfügt inzwischen über eine Q&A Plattform und hat zusätzlich bisher drei Implementation Guidance zu Wesentlichkeitsanalyse, Wertschöpfungskette und Datenpunkten veröffentlicht. Mindestens eine weitere soll folgen. Ebenso hat die EU-Kommission FAQs rund um die Nachhaltigkeitsberichterstattung und ihre Prüfung publiziert.
Mit der Verabschiedung der ersten Module der ESRS-Modulverlautbarung des IDW RS FAB 100, die weitere grundlegende Fragestellungen beantwortet, hat nun auch das Institut der Wirtschaftsprüfer seine Interpretationen und Auslegungen als Teil zu einer einheitlichen Auslegung und Anwendung der ESRS zur Verfügung gestellt.
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Dr. Stefan Grabs
Partner, Head of Sustainability, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater